Nicht einmal vier Wochen liegt das Ende der Bundesliga-Saison 2019/2020 nun hinter uns. Der letzte Bericht auf dieser Seite datiert derweil vom 10.März, dem Tag vor dem “Geisterderby”. Ich glaube, dass sich niemand von uns damals auch nur ansatzweise vorstellen konnte, wie stark die Corona-Pandemie den Fußball, aber vor allem unseren Alltag und die Gesellschaft beeinflussen wird. Ich wollte es mir trotzdem nicht nehmen lassen, mit ein paar Zeilen zur abgelaufenen Saison nochmal etwas Leben auf unsere Seite zu bringen. Und vielleicht freut sich ja auch der ein oder andere an dieser Stelle mal wieder etwas lesen zu können… 😉
Dass die Saison 2019/20 in die Geschichte der Bundesliga eingehen wird, kann man seit Wochen und Monaten in so ziemlich jeder Zeitung lesen. Dies gilt natürlich auch für Borussias Saison, was allerdings nicht nur an der Corona-Pandemie liegt. Vielmehr waren es die sportlichen Leistungen, mit denen Borussia eine absolut überzeugende und historische Saison hinlegte. So reichten die erzielten 65 Punkte nicht nur zum 4.Platz und der damit verbundenen Qualifikation für die Champions League, sondern stellten ganz nebenbei Borussias zweitbeste Punkteausbeute seit Einführung der Drei-Punkte-Regel dar. Mit 20 errungenen Siegen, stellte die Truppe sogar den bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 1977 unter Trainer Udo Lattek ein.
Ironischerweise endete aus meiner Sicht eins der wichtigsten Spiele für den Verlauf der Saison nicht mit einem Sieg, sondern ganz im Gegenteil mit einer heftigen Niederlage. Genauer gesagt mit der Niederlage am 19.September. Schlecht war unsere Borussia bis dato nicht in die Saison gestartet. Einem glanzlosen 1:0-Pokal-Auswärtssieg im regnerischen Sandhausen folgte das Auftaktspiel gegen Schalke. Die übliche Busfahrt lief wie immer feuchtfröhlich und, abgesehen von einem unglücklichen Zwischenfall auf der Rückfahrt, überragend. Auch diese Sache konnte im Nachhinein jedoch problemlos mit den Betroffenen geklärt werden. Nach einem Auswärtssieg in Mainz und einer unglücklichen Niederlage im Heimspiel gegen Leipzig, stand schon das Spiel in der Domstadt an. Borussia gewann das auf den Rängen ungewöhnlich ruhige Derby knapp aber hochverdient mit 1:0 und schien spielerisch auf gutem Wege zu sein. Dann also der besagte 19.September im Borussia-Park. Bei bestem Wetter war alles angerichtet für einen tollen Europapokalabend. Die Choreo der Nordkurve gab das Ziel unserer Europareise vor: das Finale in Danzig. Ein Sieg gegen den Wolfsberger AC? Nur Formsache! Was dann folgte, brauche ich sicherlich nicht zu erzählen. Gut so, schließlich sind meine Erinnerungen an den Abend auch sehr blass, was zugegebenermaßen auch am kalten Erzquell auf Hin- und Rückfahrt liegen könnte…
Jedenfalls holte uns die Blamage erstmal zurück auf den Boden und ließ die Erwartungshaltungen wieder schrumpfen. Doch eben diese Niederlage oder besser gesagt die Art und Weise, wie die Mannschaft mit ihr umging, offenbarte eine neue Qualität. Auch das folgende Spiel gegen Düsseldorf startete mit einem frühen Rückstand denkbar schlecht. Doch dank eines harten Kampfes und des überragenden Marcus Thuram drehte Borussia die Partie und ließ die kritischen Stimmen erstmal wieder verstummen.
Die folgenden Wochen vergingen wie im Flug. Dem Sieg in Sinsheim folgte ein schwaches Spiel in Istanbul, in dem die Mannschaft immerhin einen späten Punkt mitnehmen konnte. In Erinnerung bleibt allen Anwesenden jedoch wohl vor allem das “Sicherheitskonzept“ der türkischen Polizei, welches noch Tage später medial diskutiert wurde. Wie so oft verlief die Diskussion jedoch einfach im Sande, sodass erstmal mit keinerlei Verbesserung zu rechnen sein dürfte… Unsere Truppe eroberte derweil mit einem furiosen 5:1 gegen Augsburg gar die Tabellenspitze der Bundesliga, worauf ein ambitionierter Fahrplan folgte: Dortmund, Rom, Frankfurt, Dortmund, Leverkusen, Rom, Bremen!
Die zwei unglücklichen wie auch unverdienten Wermutstropfen in Dortmund (samt des frühen Pokalaus), würden dabei durch überragende Touren nach Rom und Leverkusen mehr als wettgemacht.
Während die übliche Zugtour nach Leverkusen alljährlich eine überragende Fahrt verspricht, dürfte die Reise nach Rom für viele der zahlreich anwesenden Festungsmitglieder der absolute Höhepunkt gewesen sein. Bei bestem Wetter schmeckte das Birra Moretti in der italienischen Hauptstadt zu gut und vor allem der Freitagabend, den wir gemeinsam verbrachten, konnte sich durchaus sehen lassen. Auch wenn meine neu entdeckte Liebe zum Weißwein („Una bottiglia di vino bianco per favore!“) den Abend für mich viel zu früh beendete und den Rückflug am frühen Samstagmorgen kaum erträglich machte, standen unter dem Strich drei sehr geile Tage in der italienischen Hauptstadt. Hierzu trug auch der sportliche Aspekt, genauer gesagt ein sehr zweifelhafter Elfmeter („Penalty einhundert per cento correcto“) in der Nachspielzeit bei, den Lars Stindl im Stadio Olimpico zum Ausgleich verwandelte. Einziges Ärgernis blieb, wie in Istanbul, ein weiteres äußerst fragwürdiges „Sicherheitskonzept“ der italienischen Behörden nach dem Spiel. Aber sei’s drum, neu ist eine solche Vorgehensweise in den südeuropäischen Ländern ja leider ganz und gar nicht.
Man hätte anschließend meinen können, dass sich Borussia in den kommenden Wochen unsere Leistung in den Kneipen Roms zum Vorbild nahm. Während sich unsere Höchstleistungen und das „Nicht-genug-bekommen-können“ jedoch eher an trinksportlichen Aspekten orientierten, bestach die Mannschaft von Marco Rose vor allem durch fußballerisch ansprechende Leistungen. So wurden Frankfurt, Leverkusen und Bremen geschlagen und auch in der Europa League sicherte Marcus Thuram per Last-Minute-Treffer drei Punkte im Heimspiel gegen Rom. Mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein ging es also zum nächsten Highlight: Dem Auswärtsspiel in der Alten Försterei. Alleine die Anreise, die sich für unsere überschaubare Reisegruppe noch am Bahnhof änderte, wird mir lange im Gedächtnis bleiben. Das Spiel glich dann eher der Marke „zum Vergessen“, wobei dies bei heimstarken Berlinern zu diesem Zeitpunkt auch keine Schande war! Die 24-Stunden-Tour nach Berlin (Samstagmorgen hin, um Mitternacht zurück), die wir hinlegten, war wiederum ein Erlebnis, was man nicht so schnell vergisst. Und als würden diese Strapazen nicht ausreichen, legte ich gemeinsam mit den Mülheimern drei Tage später noch einen drauf und begab mich am Mittwochabend in den Sonderzug, der uns von Mönchengladbach nach Graz zum Auswärtsspiel gegen Wolfsberg führte. Leicht angeschlagen, aber dafür mit einer Menge geiler Erlebnisse und einem 1:0-Auswärtssieg im Gepäck, endete unsere Tour am Freitagmittag. Das Heimspiel gegen Freiburg am darauffolgenden Sonntag rundete die harte Woche ab. Die Doppelbelastung aus Bundesliga und Europa League bekam also nicht nur die Mannschaft, sondern auch man selbst zu spüren.
Doch die anstrengende Zeit zahlte sich mehr als aus und Borussia belohnte uns Anfang Dezember mit einem 2:1-Sieg gegen die Bayern. Sicherlich für viele Borussen DER Höhepunkt der abgelaufenen Saison. Die Herbstmeisterschaft schien zum Greifen nah und wer weiß schon, was dann noch alles möglich sein würde… Diese Träume machten sich auch auf der Rückfahrt in unserem Bus bemerkbar und trotz wachsendem Verzehr von Schelder Wasser, war auch die Stimmung mehr als ausgelassen.
Doch oft bietet ein Höhepunkt die größte Gefahr zu fallen. Für Borussia hieß diese Gefahr Basaksehir Istanbul und damit jene Mannschaft, die sich erst kürzlich zum neuen türkischen Meister kürte. Sicherlich hätten nur wenige ein Ausscheiden der Fohlenelf an diesem Tag für möglich gehalten. Borussia unterlag dennoch in letzter Minute mit 1:2 und musste sich bereits nach der Vorrunde vom „Traum von Danzig“ verabschieden. Die Europa League ist aus meiner Sicht der einzige Baustein in Borussias Saison, der in jeglicher Hinsicht Fragen aufwirft. Bis heute ist es für mich unerklärlich und auch immer noch ärgerlich, wie sich die Mannschaft derart unter Wert verkaufen konnte. Ob die Gegner einfach unterschätzt wurden? Immerhin spielten sowohl Basaksehir als auch Wolfsberg in der abgelaufenen Saison sehr gute Rollen in ihren nationalen Ligen und sind somit nicht das „Kanonenfutter“, wie man im ersten Moment nach der Auslosung vielleicht erwartet hatte. Nichtsdestotrotz sollte eine deutsche Spitzenmannschaft, wie es Borussia in dieser Saison war, in der Lage sein, auch diese Teams schlagen. Borussia schaffte dies nur ein einziges Mal beim Auswärtsspiel in Graz und blieb daher weit unter den Möglichkeiten. So muss man einfach anerkennen, dass das Ausscheiden zu diesem frühen Zeitpunkt absolut verdient war.
Eine späte Niederlage setzte es am folgenden Sonntag auch in Wolfsburg und Borussia verlor erstmals seit Oktober die Tabellenführung. Die Mannschaft schleppte sich förmlich in die Winterpause. So wurde immerhin noch die Pflichtaufgabe Paderborn mit einem souveränen Heimsieg erfüllt. Bei Jürgen Klinsmanns alter Dame reichte es nur wenige Tage später noch zu einem 0:0-Unentschieden und damit zu einem Punkt, der nur geringen Mehrwert mit sich brachte. Diejenigen, die immer noch nicht genug bekommen hatten, reisten nach Berlin nochmals mit dem Sonderzug an und im Nachhinein ärgere ich mich fast ein wenig darüber diese Fahrt verpasst zu haben… 😉
Auch wenn Borussia die erträumte Herbstmeisterschaft auf den letzten Metern aus der Hand gab, stand nach Ablauf der Hinrunde ein sensationeller zweiter Platz, der Lust auf die Rückrunde machte. Ein kleiner Wermutstropfen blieb die Tatsache, dass Borussia in nur einem Wettbewerb überwinterte. Unter normalen Umständen hätte dies dem Abschneiden in der Liga vielleicht sogar zugutekommen können, doch auch durch diese Rechnung machte letztlich Corona einen Strich.
Nächste Woche geht es dann weiter mit einem kleinen Text zu Rückrunde, Lockdown und der Fortsetzung des Spielbetriebs! Bleibt gesund und kommt gut durch’s Wochenende des 120. Geburtstags unserer Borussia! 😉