Ich becher‘ mich weg!

Auswärtsspiel! Unter Flutlicht! Im “Pott”! Allein beim Gedanken an dieses Szenario dürfte jedem Borussen und jeder Borussin in den Tagen vor dem Spiel in Bochum das Wasser im Munde zusammengelaufen sein. Das erste Auswärtsspiel “anne Castroper” seit 2011 schien einen ungeheuren Reiz auf alle Borussia-Fans zu haben und so waren die verfügbaren Karten zunächst schneller vergriffen als Erzquell Pils im Sonderangebot. Enttäuscht wurden alle anwesenden Fans der Borussia dabei kaum. Denn neben der in der letzten Zeit oft so vermissten “Fußballromantik”, die ein Flutlichtspiel in Bochum automatisch mit sich bringt, zeigte sich auch auf dem Platz ein zwar sportlich nicht herausragendes, jedoch über die Ganze Dauer leidenschaftlich geführtes Spiel. Dass dieses Spiel in der 70.Minute abrupt endete, wirft einen großen Schatten auf den ganzen Abend, den dieser keinesfalls verdiente.

Bis knapp 30 Stunden vor Anpfiff sah es sogar so aus, als würde sich der Rahmen des Flutlichtspiels am Freitag noch erheblich kleiner darstellen. Erst dank einer kurzfristigen Aufstockung der Zuschauerkapazität um weitere 5.000 Plätze kamen viele Borussia-Fans doch noch unverhofft in den Genuss der begehrten Gästekarten. Dank eines guten Freundes in Bochum, der gleichzeitig eine Dauerkarte in der Ostkurve sein Eigen nennt, machte ich mir nie wirklich Gedanken um den Stadionbesuch. Die Meldung der aufgestockten Kapazität erreichte mich gerade, als ich mich damit abgefunden hatte, das Spiel “inkognito” aus der Ostkurve verfolgen zu müssen. Die sich am Donnerstagnachmittag bietende Gelegenheit Tickets für den Gästeblock ergattern zu können, nahm ich dann jedoch auch sehr dankend an und schlug im Online-Verkauf der Borussia zu. Unsere Reisegruppe konnte sich dadurch auch noch etwas vergrößern und machte sich am Freitagnachmittag per Zug auf den Weg in den Ruhrpott.

Wie schon eingangs kurz erwähnt ist das Stadion an der Castroper Straße wohl eines der wenigen Stadien in Deutschlands Profifußball, welches das Adjektiv “fußballromantisch” verdient. Die großen Flutlichter (im Ruhrpotter Volksmund wohl: “Giraffen”) sind weit über die Bochumer “Skyline” (,wenn man sie so nennen kann) zu sehen und geben gerade bei einem Abendspiel ein mehr als imposantes Bild ab. Die zentrale Lage des Stadions tut dabei ihr Übriges und lässt auch den Fußweg vom Hauptbahnhof zum Stadion zu.

Den Weg in den Bochumer Auswärtsblock fanden endlich auch wieder die “üblichen Verdächtigen” der aktiven Fanszene und so war der eben dieser Block äußerst gut gefüllt. “Gut gefüllt” sollte hier übrigens mehrdeutig verstanden werden. Zumindest nach meinem persönlichen Eindruck war der Alkoholpegel in und um den Gästeblock doch recht stattlich, wobei ich unsere Reisegruppe davon gar nicht ausnehmen möchte. Endlich wieder Fußball; wer wollte es uns da verdenken? 

Freitag, Flutlicht, Fußball – mehr geht nicht!

“Voll im Spiel” war von Beginn an auch die Bochumer Heimmannschaft, deren aggressive und “eklige” Spielweise Borussias Defensive in der ersten Halbzeit gelegentlich vor Probleme stellen konnte. Doch die Hintermannschaft unserer Borussia stemmte sich leidenschaftlich gegen die Bochumer Offensivbemühungen und nahm den sprichwörtlichen Kampf nach kurzer Zeit an. Nicht zuletzt dank dem abermals starken Yann Sommer im Kasten, gelang es der Mannschaft von “Vetretungscoach” Christian Peintinger die erste Hälfte ohne Gegentor zu überstehen. Die sich immer wieder ergebenden Kontersituationen konnte Borussias Offensive um das Trio Marcus Thuram, Alassane Plea und Breel Embolo jedoch ebenso wenig nutzen, sodass Manuel Riemann im Tor der Bochumer eine vergleichsweise ruhige erste Hälfte erleben durfte. Besagter Manuel Riemann beschäftigte sich daher auch lieber mit allen möglichen Meckereien und Unmutsbekundungen gegenüber den Unparteiischen. Bereits in der ersten Hälfte knisterte es auf und neben dem Platz ganz ordentlich…

Und die Stimmung sollte in der zweiten Hälfte noch ihren Siedepunkt erreichen. Borussia fand immer besser ins Spiel und belohnte sich für den eigenen Aufwand. Eine Direktabnahme von Alassane Plea und ein weiterer Treffer durch Breel Embolo, der einen herausragenden Spielzug mustergültig abschloss, stellten das Ergebnis nach 61 Minuten mit etwas Glück auf 0:2. Die Stimmung im Gästeblock war nun mehr als ausgelassen; der Sieg schien nur noch reine Formsache und den ein oder anderen verbalen “Schlagabtausch” dürften Borussias Fans für sich entschieden haben. Nicht unerwähnt bleiben darf dabei jedoch, dass auch die Heimfans die viel zitierte “Mentalität” an den Tag legten und ihre “Bochumer Jungens” immer wieder mit einfachen, kurzen Schlachtrufen nach vorne peitschten. Dass die Stimmung im Ruhrstadion knisterte, war in dieser Phase des Spiels besonders zu merken und so versprach die beginnende Schlussphase des Spiels so viel von dem, worauf man in den letzten Monaten immer verzichten musste. Der abrupte und traurige Höhepunkt des Spiels stellte den tollen Fußballabend dann innerhalb weniger Augenblicke in den Schatten. Nachdem Sebastian Polter im Zweikampf mit Ramy Bensebaini zu Boden gegangen war, forderten die Bochumer vehement Elfmeter. Eine Überprüfung des VAR, der in dieser Szene auch gut und gerne auf Elfmeter hätte entscheiden können, stand noch aus und so waren meine Augen zunächst gebannt auf den Schiedsrichter Benjamin Cortus gerichtet, als Linienrichter Christian Gittelmann zu Boden ging. Recht schnell konnte im Gästeblock “1 und 1” zusammengezählt werden und die Kunde vom “Becherwurf” verbreitete sich. Es mag absurd klingen, aber überrascht von dieser Aktion schienen an diesem Abend die wenigsten Gästefans zu sein. Das Phänomen der fliegenden Becher soll gerade im Ruhrpott (aber natürlich auch in anderen Teilen der Republik; der Borussia-Park nicht ausgenommen!) ja durchaus nicht unbekannt sein. Womit wirft der Bochumer schon in der Wiege? Mit dem Bier von Moritz Fiege…

Stillleben auf dem Platz: Das Ruhrstadion nach dem Becherwurf

Auf die kurze Spielunterbrechung folgte der offizielle Spielabbruch. Nach einer kurzen und “knackigen” Verabschiedung der Mannschaft, ließ der Gästeblock noch allerlei Unmutsbekundungen durch das Ruhrstadion hallen. Nicht alle Bochumer nahmen die Pöbeleien auf die leichte Schulter und so hätten sich Anhänger beider Seiten wohl gerne noch ganz persönlich voneinander verabschiedet und gegenseitig eine “Gute Nacht” gewünscht. Die zunächst etwas überfordert wirkende Polizei wusste dies aber zu verhindern. Der Rückweg über die “Castroper Straße” gestaltete sich daher mit etwas mehr Polizeipräsenz als erwartet. Unserer Reisegruppe gelang es trotzdem sich inmitten der Fanmassen wiederzufinden und so konnte geradewegs das “Bermuda3Eck” für die Abendunterhaltung angesteuert werden. Der Fußballabend, der so viel Klärungsbedarf mit sich brachte, klang feuchtfröhlich aus. Das führte sogar so weit, dass der Spielabbruch bei dem ein oder anderen fast in Vergessenheit geriet (leider keine Übertreibung… 😉 ). Ähnlich wie das Spiel fand aber auch die “dritte Halbzeit” unerklärlicherweise ein ganz abruptes Ende und so soll der Schreiber dieser Zeilen am nächsten Morgen “in voller Montur” auf einer Bochumer WG-Couch aufgewacht sein. In dieser Sache halte ich es allerdings voll mit Matthias Ginter und kommentiere derzeit keine Gerüchte… 😉

Abschließend noch kurz zurück zum Sportlichen: Mit den, inzwischen auch “am grünen Tisch” bestätigten drei Punkten macht Borussia in der Tabelle einen ganz wichtigen Schritt nach vorne. Zur wohl bekannten “40-Punkte-Marke” sind es nun nur noch sieben Zähler und so dürften auch bereits zwei Siege in den nächsten Spielen gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt sein. Die einzige Devise kann es nun sein, auf der mentalitätsstarken Leistung in Bochum aufzubauen und die Energie der vergangenen Siege im nächsten Heimspiel zu vergolden. Die Saison nun endgültig in ruhige Fahrwasser zu bringen und dabei vielleicht noch den ein oder anderen unliebsamen Rivalen tabellarisch abfangen zu können, ist meines Erachtens das einzig verbliebene, realistische Ziel in dieser irgendwie verkorksten Saison. Für das Spiel gegen Mainz 05 sind die Vorgaben in einem (hoffentlich ausverkauften) Borussia-Park also eindeutig: Alles auf Heimsieg! Endlich wieder volle Kurven! Endlich wieder 90 Minuten Vollgas und ALLES für Borussia! Auf geht’s!

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